„Schäumle” hießen die weißen Gebilde, die ich meiner Kindheit in Stuttgarter Bäckereien kaufte. Erst später lernte ich, dass der Fachbegriff für diese Eischaum-Gebilde Baiser lautet. Und noch einmal später, beim Skifahren in der Schweiz in Meiringen, wurde ich dann mehrfach mit der Nase drauf gestoßen, dass der Name Meringen von eben diesem Schweizer Ort herstammen.
Wie auch immer: Eigentlich kann ich seit meiner Kindheit an Baiser, Meringen, Schäumle nichts Besonderes mehr finden: Gezuckerter Eischauem schmeckt eben in erster Linie süß. Das zarte Krachen der weißen Kruste übertönt nur kurz die Stimme des schlechten Gewissens, die eine ganz eigene Meinung äußert zu Zuckergebäck.
Da ich aber trotz dieser Stimme ein Fan von Desserts bin, haben die Schäumle bis heute ihre Daseinsberechtigung. erst recht, weil sie die andere schwäbische Stimme aus dem Off verstummen lassen. Die sagt: Welche eine Verschwendung für – zum Beispiel Spaghetti Carbonara – nur das Eigelb zu verwenden. Und was ist mit dem Eiweiß? Das landet erst in einem Schüsselchen, dann im Kühlschrank und dann – nachdem einem tagelang kein Verwendungszwecke dafür eingefallen ist – im Ausguss.
Man mag mich ideenlos schelten. Aber all die tollen Rezepte, in denen nur fünf Eiweiß verwendet werden statt fünf ganzer Eier: Ich habe sie noch nicht entdeckt. Ganz einfach ist es dagegen, kurz die Küchenmaschine anzuwerfen und den Eischnee mit Zucker zu einer festen Masse zu schlagen. Danach muss der Eischnee nur noch im Ofen, nein, nicht backen, sondern getrocknet werden.
Dann ist schon mal eine Hürde genommen: die Haltbarkeit. In einer Keksdose halten sich die Meringen nämlich deutlich länger, als das Eiweiß im Kühlschrank. Und wenn das nächste Mal ein paar süße Früchtchen anfallen, dann landen die – meistens absichtlich zerbröselten – Meringen als leckerer Crunch in einem Dessert. Genauen Plan brauchts dafür keinen, erlaubt ist, was gefällt: gezuckerte Erdbeeren, gedünsteter Rhabarber, eingelegte Kirschen oder irgendein Kompott. Mit den Eischaum-Bröseln, vielleicht etwas Schokostreusel, einem Vanille-Pudding oder einer Kugel Eis wird daraus ein improvisierter Nachtisch.
Mit etwas mehr Planung macht man die typische, bauchigere Form und kann diese dann aushöhlen und mit Früchten füllen. Rezept und Anleitung dazu findet man unter der Bezeichnung Pavlova.
Die zweitbeste – mir bekannte – Verwertungsart, ist ein Träubleskuchen (Johannisbeerkuchen), der mit einem Baiser bedeckt ist. Bedeutet aber schon wieder mehr Aufwand und Planung.
Das Rezept für Meringen / Baisers:
Auf vier Eiweiß rechnen die meisten Rezepte etwa 200 Gramm Zucker. Der feste Eischnee wird möglichst gespritzt, damit die masse etwas luftiger daher kommt. Bei schwacher Hitze (100 bis 120 Grad) im Backofen 60 bis 90 Minuten trocknen. Achtung: Die Meringen sollten nicht braun werden! Und: Wenn man die Meringen ganz flach macht, dann sehen sie zwar nicht so toll aus, aber das Trocknen geht schneller vonstatten. Und wenn man sie nachher zerbröselt spielt das Aussehen sowieso keine Rolle.
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