Ist das nun wirklich bio, was wir mit Öko-Siegel eingekauft haben oder will uns da jemand beschummeln? Der aufgeklärte Verbraucher glaubt ja lange nicht mehr alles, was man ihm auf Lebensmittelverpackungen draufschreibt. (Zwar lesen die meisten Verbraucher das nicht einmal richtig, aber das ist wieder ein anderes Thema).
Seit 2002 hat das Land Baden-Württemberg ein Überwachungsprogramm für Bio-Lebensmittel. Eine gute Sache: Im Labor können die beteiligten chemischen und Veterinitäruntersuchungsämter feststellen, wie bio das Produkt wirklich ist. Eiune eigene Website für dieses Projekt gibt es auch: Ökomonitoring Baden-Württemberg.
Zum Kern der Sache dringt man am schnellsten vor, wenn man auf die Rubrik „Berichte” klickt: Hier ist recht detailliert festgehalten, was und wie untersucht wurde und was dabei herauskam.
Der jüngste Bericht ist zwar erst von 2010, die Ergebnisse sind dennoch aufschlussreich – selbst wenn man einiges nicht auf aktuelle Produkte übertragen kann. Zum Beispiel bei der Untersuchung auf Zusatzstoffe. Ab Seite 52 in dem aktuellen Bericht findet man die Ergebnisse der Untersuchung auf Glutaminsäure bei insgesamt 42 Produkten.
Glutaminsäure ist ein Geschmacksverstärker. In Lebensmitteln darf davon maximal 10 g/kg enthalten sein, in Würzmitteln „soviel wie nötig”. Enthalten ist Glutaminsäure im klassischen geschmacksverstärker, und auch im Hefeextrakt.
Nun weisen Lebensmittel aus konventioneller Herstellung, die mit Glutaminsäure hergestellt werden, höhere Gehalte auf, als solche mit Geschmacksverstärker. In Bioprodukte aber würden Geschmacksverstärker wie Glutaminsäure nach der EG-Öko-Verordnung in Verbindung mit den Richtlinien der jeweiligen Herstellerverbände nicht verwendet, heißt es weiter.
Als Verbaucher komme ich also zu dem Schluss: Konventionelle Produkte ohne Geschmacksverstärker und Bioprodukte dürften keine Glutaminsäure enthalten.
Ergebnis des Tests: Bei Bio-Lebensmitteln und bei Lebensmittel aus konventioneller Herstellung mit der Auslobung „ohne Geschmacksverstärker” ist dem Bericht zufolge „kein oder nur ein geringfügiger Unterschied in dem Gehalt an freier Glutaminsäure” zu finden. Vorhanden ist die Glutaminsäure aber in beiden Fällen.
Bei der Mehrzahl der untersuchten Lebensmittel wurde offensichtlich Hefeextrakt oder Hefe mitverarbeitet. Und die enthält von Natur aus relativ viel freie Glutaminsäure. Außerdem wurden häufig Tomaten und Tomatenerzeugnisse eingesetzt, die ebenfalls von Natur aus vergleichsweise viel Glutaminsäure enthalten, heißt es in dem Bericht.
Das Fazit kennen aufgeklärte Verbraucher schon: Ohne Geschmacksverstärker heißt eben nicht ohne Hefeextrakt, wie ich hier schon einmal beschrieben habe. Und das trifft wohl gleichermaßen auf Bio und konventionelle Produkte zu.
Die detaillierten Ergebnisse kann man man im Bericht (der als PDF heruntergeladen werden kann) gut nachlesen. Dort sieht man auch, dass einzelne Bioprodukte (es wurden Suppen, Saucen und Fertiggerichte getestet) manchmal höhere Glutaminsäure-Gehalte aufweisen als andere, konventionelle Produkte mit der Kennzeichnung „ohne Geschmacksverstärker”.
Die Tester fragen sich auch, ob die Bezeichnung „ohne Geschmacksverstärker” nicht irreführend für den Verbraucher sei. Der als Ersatz für geschmacksverstärkende Zusatzstoffe eingesetzte Hefeextrakt darf immerhin bis zu 70 g/kg freie Glutaminsäure enthalten.